Bewusst kinderlos- bin ich keine richtige Frau dadurch?

Ich habe mich bewusst dazu entschieden keine Kinder zu bekommen. In unserer Gesellschaft trifft dies, meiner Erfahrung nach, oftmals auf Unverständnis.

In diesem Blogbeitrag möchte ich die Sicht einer bewusst kinderlosen Frau darstellen. Bedenkt, dass dies einfach meine Sicht ist und dass jede bewusst kinderlose Frau ihre ganz eigene Sicht, und auch Begründung, dafür hat. 

 

 

Wann habe ich bemerkt dass ich keine Kinder möchte?

Es gab bei mir nicht „den einen“ Moment in dem ich gemerkt habe „nö, Kinder haben ist nichts für mich“. Es war eher ein schleichender Prozess würde ich sagen. Oder besser gesagt war es bei mir so, dass sich nie das Gefühl eingestellt hat dass ich jetzt bereit für ein Kind wäre. Und auch dieser innere Wunsch Mutter zu werden, den viele Frauen irgendwann bekommen, habe ich bis zum heutigen Tag nicht. 

 

Als ich noch Teenager war, und auch mit Anfang 20 dachte ich schon dass ich irgendwann Mann, Haus und Kind haben werde. Ehrlich gesagt war dies aber eher der Gedanke weil ich dies aus meinem Umfeld (ein behütetes Dorf in Süddeutschland) in dem ich aufgewachsen bin so kannte und es scheinbar normal ist zu heiraten, ein Haus zu bauen und Kinder zu bekommen.

Mein eigener, tiefer Wunsch war das noch nie.

 

Weder das Heiraten noch das Kinder bekommen. Und auch der Hausbau ist nach wie vor kein Wunsch von mir. 

 

Vorteile, Unterstellungen und Bedenken

Nun ist es leider so, dass man wenn man als Frau äussert dass man keine Kinder bekommen möchte fast immer auf Unverständnis trifft.

Ich habe unzählige erstaunte Kommentare dazu bekommen. Manche waren ernsthaft interessiert warum, andere waren aber auch sehr grenzüberschreitend.

 

Für mich nach wie vor befremdlich ist es wenn sich eine mir unbekannte Person nach meinem Kinderwunsch erkundigt und mir unterstellt warum ich keine möchte, dass dieser Wunsch schon noch kommt, einfach der richtige Partner kommen muss, etc. 

 

 

Mal im Ernst… Eine mir unbekannte Person, die nichts über meinen bisherigen Lebensweg weiss, meint mir sagen zu müssen dass mein Kinderwunsch schon noch kommen wird und ich auf den richtigen Partner warten soll? Wäre es nicht so verwerflich könnte man von Herzen drüber lachen. 

 

(Kann ich übrigens inzwischen, was aber vermutlich am Alter liegt und daran dass ich in meiner Meinung dazu mittlerweile sehr gefestigt bin. Mit Anfang 20 sah das noch anders aus.) 

 

Mit ein paar dieser Unterstellungen und Bedenken möchte ich heute aufräumen.

Nicht als Rechtfertigung, sondern als Blickwinkel einer Frau die sich bewusst gegen Kinder entschieden hat und somit in der Gesellschaft immer noch ein Exot ist.

(Wie sehr man als Frau damit übrigens der Außenseiter ist wurde mir bei einem Seminar mal sehr deutlich. Es war eine Runde von ca 30 Frauen und ein paar wenigen Männern, alle aus dem sozialen Bereich in dem ich arbeitete. Am ersten Seminartag wurde ein Kennenlernspiel gespielt um Gemeinsamkeiten zwischen den Teilnehmern zu sehen. Alle standen im Kreis, vom Seminarleiter wurden Fragen gestellt und immer wenn man die Frage mit Nein beantwortet sollte man in den Kreis treten. So ging dies ein paar Runden bis die Frage kam „Hast du Kinder?“. Ich stand dann mit ein paar wenigen Teilnehmern im Kreis und bei der Frage „möchtest du Kinder haben?“ Stand ich alleine im Kreis und wurde mit grossen Augen angeschaut.)

Der Wunsch nach einem Kind kommt dann schon noch

Ich bin inzwischen 36 Jahre alt und hatte daher einige Jahre Zeit mir über dieses Thema Gedanken zu machen und in mich hinein zu fühlen. Bisher war dieser Wunsch nie da. Wenn doch mal kurz der Gedanke aufkam, dass ich ein Kind bekommen sollte war dies immer eine Konditionierung von Aussen die mich zu diesem Gedanken brachte. 

 

Was bei mir hinzu kommt ist dass ich gelernte Erzieherin bin und viele Jahre in diesem Beruf gearbeitet habe. Da scheint es doppelt unverständlich zu sein dass „gerade ich“ keine eigenen Kinder haben möchte da ich Kinder doch so sehr mag. Ja ich mag Kinder und ja ich habe gerne als Erzieherin gearbeitet und arbeite immer noch Teilzeit als Nanny. Mir hat meine Arbeit immer Freude bereitet und ich würde behaupten ich war und bin gut in diesem Job.

Und gleichzeitig hat mich genau dieser Job in meiner Entscheidung gegen ein eigenes Kind von Jahr zu Jahr mehr bekräftigt. Ich habe so unglaublich viele Geschichten mitbekommen und weiss, ohne dass ich selber Mutter bin, was es heisst ein Kind zu haben. Meine Vorstellung von Familienleben ist nicht rosarot und happy Family sondern sehr realistisch.

 

Mit jedem Jahr das ich länger mit Kindern gearbeitet habe wurde mir bewusst dass ein Kind nicht in meine Vorstellung von einem freien, selbstbestimmten und unabhängigen Leben passt. Und ich möchte hier nochmal betonen dass dies MEINE Meinung ist. Für andere Frauen mag diese Freiheit und Unabhängigkeit durch ein Kind nicht beeinträchtigt werden, oder nicht in einem Mass als dass es für sie schlimm wäre. Für mich wäre es das. 

Es muss nur der richtige Partner kommen, dann kommt auch der Kinderwunsch

Ich hatte in meinem Leben bisher 3 feste und langjährige Partnerschaft. Die kürzeste ging 3,5 Jahre, die längste etwa 8 Jahre. Mit keinem dieser Partner wollte ich ein Kind haben. Ein Expartner hat inzwischen zwei Kinder, dass sich unsere Wege irgendwann getrennt haben erscheint im Nachhinein also logisch.

Was ich mich bei dieser Aussage aber immer frage ist „was muss dieser Mann denn haben dass ich denke: von dem will ich ein Kind“? Warum sollte plötzlich in mir der Wunsch nach einem Kind aufkommen, nur weil ich einen neuen Mann kennenlerne? Ich habe diese Aussage nie verstanden und werde es vielleicht auch nie :)

Irgendwann wirst du bereuen keine Kinder bekommen zu haben

Diesen Gedanken hatte ich vor 2, 3 Jahren selber mal. Ich stellte mir die Frage ob ich es, wenn ich alt bin, bereuen werde dass ich keine Kinder bekommen hatte. Für ein paar Wochen hatte mich diese Frage so sehr im Griff dass ich sogar darüber nachdachte doch ein Kind zu bekommen. Ich habe dann angefangen eine Pro und Contra Liste zu schreiben. Was spricht (aus meiner Sicht) für ein Kind und was dagegen. Dass meine Contra Liste um einiges länger war als die Pro Liste ist vermutlich nicht verwunderlich. 

Und dann irgendwann wurde mir etwas bewusst. Und diese Erkenntnis hat den Gedanken doch ein Kind zu bekommen innerhalb von Sekunden aus meinem Kopf vertrieben.

 

Ich fragte mich nämlich nicht „was wenn ich es bereue keine Kinder bekommen zu haben?“ Sondern „was wenn ich es bereue DASS ich Kinder bekommen habe?“ Wie schlimm muss es für alle Beteiligten sein wenn eine Mutter ungewollt ein Kind bekommt und es ab dem ersten Moment bereut? Auf gar keine Fall wollte ich mich und ein Kind in diese Situation bringen. 

 

wer ist im alter für dich da?

Diese Frage knüpft oft an die letzte an. Und auch hier muss ich oft schmunzeln über die Annahme dass meine Kinder für mich da wären wenn ich dann mal alt bin. Denn sind wir mal ehrlich: wie viele Familien gibt es die zerstritten sind? Wie viele Kinder schieben ihre Eltern ins Altersheim ab und kommen zwei Mal im Jahr auf einen kurzen Besuch vorbei? Wie viele Kinder sind denn wirklich für ihre Eltern da wenn diese alt sind? Auch hier habe ich (durch meine Mutter die im Altersheim arbeitet und schon einige Familiengeschichten erlebt hat) zu viel gehört als dass ich davon ausgehe, dass meine Kinder für mich im Alter da sind.

 

Viel wichtiger finde ich aber, dass ich meine Kinder niemals in die Verantwortung nehmen und von ihnen erwarten würde, dass sie sich im Alter um mich kümmern. Sie sollten ihr Leben leben und sich nicht um mich kümmern müssen. Nur weil ich Kinder hätte würde ich niemals von ihnen erwarten dass sie sich um mich kümmern müssten wenn ich alt bin.

Fühlst du dich als Frau ohne Kinder nicht unvollständig?

Nein. Ich fühle mich auch ohne Kinder als „richtige“ Frau. Macht mich denn erst die Geburt eines Kindes vollständig zur Frau? Ist man weniger Frau ohne Kind? Mein Frau- Sein ändert ändert weder die Tatsache dass ich keine Kinder oder aktuell keinen Partner habe. Frau sein ist doch so viel mehr als einen Mann zu heiraten und Kinder zu gebären.

Wenn ich, gerade auch in der spirituellen Szene öfters schon, gehört habe dass eine Geburt DAS spirituelle Erlebnis ist das jede Frau erlebt haben MUSS und Mutter sein das allergrösste Glück ist dann zieht sich in mir etwas zusammen. 

Kann ich als Frau ohne Kinder denn wirklich weniger Glück im Leben empfinden? Ist es nicht eher so, dass ich Glück einfach in anderen Bereichen empfinde? Dass ich andere Dinge „gebären“ kann die mich mit absolutem Glück erfüllen, die aber kein Kind sind?

 

Ich finde es sehr bedenklich wenn eine Frau nur dann als vollständige Frau gesehen wird sobald sie Mutter ist. Frau sein ist doch ganz unabhängig vom Kinder gebären etwas ganz wundervolles.

Zum Abschluss wollte ich noch anmerken dass ich mit diesem Beitrag auf gar keinen Fall Frauen angreifen möchte, die für sich entschieden haben, dass sie Mutter sein möchten. Wenn dies so ist dann ist dies etwas ganz wundervolles - genau so wie es wundervoll sein kann wenn eine Frau sich gegen Kinder entscheidet.

 

Leider ist es heutzutage ja oft so, dass auf Frauen ein enormer Druck der Gesellschaft lastet und frau es eigentlich nur falsch machen kann. 

Kein Kind = denkt nur an sich und will Karriere machen, 

ein Kind und ist zuhause = ist zu faul zum arbeiten, 

ein Kind und arbeitet = Rabenmutter die sich nicht um ihr Kind kümmert, 

nur ein Kind = armes Einzelkind, 

fünf Kinder = wie viele Kinder will sie denn noch bekommen, irgendwann reicht es ja auch mal. 

 

Die Bandbreite an Vorurteilen und Unterstellungen, vor allem im Bereich Mutter sein, ist unendlich gross.

Letztlich wollte ich mit diesem Blogbeitrag, und meinen ganz persönlichen Gedanken und Ansichten, euch alle ermutigen für eure Überzeugung einzustehen. Egal ob mit Kind oder ohne, ihr seid wundervolle Frauen und niemand hat das Recht euch von eurer ganz eigenen Entscheidung abzubringen und euch reinzureden. 

 

Miriam 

 

PS: Ironie des Lebens ist übrigens, dass, während ich diesen Beitrag schreibe, draussen Nachbarskinder beim Fussball spielen streiten und das Baby eines anderen Nachbarn schon seit Stunden immer wieder stark am weinen ist ;) 

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